Vor etwas mehr als eineinhalb Jahren habe ich die Oberwerth München Kameratasche getestet und darüber berichtet. Es war das erste Mal, dass ich einen Bericht über Ausrüstungsgegenstände veröffentlicht habe, da ich eigentlich lieber über Bilder diskutiere. Andererseits habe ich ein besonderes Faible für Fototaschen, den manche meiner Freunde schon als Verrückheit bezeichnen, und wollte meine Eindrücke gerne mit meinen Lesern teilen.
Nun ist dieses Gefühl zurückgekommen, nachdem ich eine andere Tasche ausprobiert habe.
Wie man dem vorangegangenen Bericht entnehmen kann, hat mir die München wirklich gut gefallen. Eine Ausnahme waren die am Deckel der Tasche angebrachten Verschlussriemen. Diese Konstruktion führt dazu, dass man beim einhändigen Schließen immer die ganze Tasche herunterzieht. Ich habe das mit den Leuten von Oberwerth besprochen. Man versprach mir, darüber nachzudenken.
Das ist dann auch passiert (Zumindest rede ich mir ein, dass es mein Einfluss war). Sie haben eine neue Linie von Taschen, die sogenannte Casual Line, eingeführt. Dem gegenüber steht die Classic Line, zu der auch die angesprochene München zählt. Das Gegenstück zu dieser Tasche in der neuen Produktlinie ist die William. Da ich bereits mehrere Taschen in dieser Größe besitze, entschied ich mich für die neue Richard, die in jeder Dimension etwa 2cm größer ist.
Die große Überraschung kam, als ich die Tasche auspackte. Die Firma Oberwerth ist sehr stolz auf das Leder, das sie für ihre Taschen verwendet. Und das, so musste ich feststellen, absolut zu Recht. Der Geruch des Leders, dass Aussehen und besonders die Haptik sind in einer eigenen Klasse. Mir ist klar, dass man das nicht objektiv messen kann, aber es ergibt sich der Eindruck von exzellenter Qualität und Handwerkskunst. Das Leder wird übrigens in einem sehr umweltfreundlichen Prozess unter der Verwendung von Pflanzenextrakten hergestellt.
Und tatsächlich: Die Taschen der Casual Line haben nun die Riemen mit den LOXX-Verschlüssen unten angeschlagen. So zieht man die Tasche beim Schließen nach oben, was den Vorgang erheblich erleichtert. Wie ich schon in meinem Bericht über die München schrieb, mag ich die LOXX-Verschlüsse nicht nur für ihr ansprechendes Design, sondern auch für die Einfachheit der Bedienung und die Tatsache, dass sie im Gegensatz zu beispielsweise Klettverschlüssen lautlos zu betätigen sind.
Das Innere der Richard kann komplett herausgenommen werden, wenn man die Tasche zum Beispiel als Messenger Bag verwenden möchte. Die Aufteilung kann mit weichen Trennelementen auf die Anforderungen der jeweiligen Ausrüstung zugeschnitten werden. Ich besprach meine Vorstellung mit einem Experten von Oberwerth und erhielt ein paar Tage später die passenden Raumteiler, die genau passten. Bei ernsthaftem Interesse empfehle ich, die Packbeispiele auf der Website des Herstellers anzusehen und dann die telefonische Beratung in Anspruch zu nehmen, um die optimale Konfiguration zu finden.
Wie schon gesagt ist die Richard etwas größer als meine früheren Taschen inkl. der München. Die zusätzlichen Zentimeter sind sehr nützlich, wenn ich beispielsweise das Fuji XF 50-140/2,8 Objektiv mitnehme. Sogar an einer X-Pro2 oder X-H1 mit dem zusätzlichen 1,4x-Konverter passt das Objektiv problemlos aufrecht in die Tasche.
Wie auch meine andere Oberwerth-Tasche ist die Richard sehr angenehm zu tragen. Im Frühjahr war ich in Rom, um dort einen Elvis Presley-Darsteller bei der päpstlichen Generalaudienz zu fotografieren. An einem Tag lief ich 26km durch die Ewige Stadt mit zwei Fuji X-Pro2, sechs Objektiven, Blitzgerät und Zubehör in der Tasche. Kein Problem.
Eine Sache ist tatsächlich etwas unpraktischer an der Richard als an den Taschen der Classic Line: Sie hat keinen Griff. Das weiche Leder bietet sich auch nicht gerade dafür an, einen solchen am Deckel zu befestigen, und es würde auch nicht wirklich zu dem schlichten und eleganten Gesamteindruck der Tasche passen. Die gute Nachricht ist, dass die Produktmanager bei Oberwerth tatsächlich auf das hören, was ihre Kunden ihnen sagen. So kamen sie auf eine sehr praktische Idee. Es gibt nun einen optionalen Griff, den man an zwei Metallringen und dem Tragegurt einhakt. Er ist aus demselben Leder gefertigt wie die Tasche und kann einfach nach hinten geklappt oder abgenommen werden, wenn man ihn nicht braucht.